Chronische Krankheiten
(Und speziell unsichtbare chronische Erkrankungen)
Eine
chronische Erkrankung, sprich eine Erkrankung, welche nicht in kurzer Zeit
wieder gut und oder vorüber ist, bringt für Betroffene selbst viel mit sich.
Unter Anderem speziell auch im zwischenmenschlichen Bereich.
Oft gehen Freundschaften kaputt, weil Freunde es sozusagen nicht aushalten, wenn der betroffene Freund/Kollege/Familienangehörige/Bekannte so lange krank ist und nicht mehr für sozusagen alles zu haben ist, man sogzusagen nicht mehr so leicht zusammen "Pferde stehlen kann".
Auch ist es eine riesige Herausforderung, neue Menschen kennen zu lernen. Geschweige denn einen Partner fürs Leben zu finden.
Ist ein Mensch länger krank, kommt es nicht selten vor, dass einem, meist indirekt, Vorwürfe gemacht werden oder man sich Dinge anhören muss wie: Dein Wille ist zu schwach, du musst es nur wollen, du musst an dich glauben, du machst was falsch, du warst vermutlich schon immer labil und vieles mehr.
Solche Vorwürfe sind sehr ignorant und respektlos. Selbst Ärzte und Fachpersonal (natürlich nicht alle) geben dem Patienten manchmal die Schuld, wenn eine Therapie nicht erfolgreich ist und oder im meist zu kurz gesteckten Zeitraum nicht klappt.
Chronisch kranke Menschen müssen somit extrem viel aushalten und händeln, mehr als "nur" die Erkrankung selbst.
Auch Planen und Pläne schmieden werden für viele chronisch kranke Menschen zur Herausforderung. Wo man vielleicht vorher immer gerne alles gut geplant und organisiert hat und Termine so zuverlässig wie eine Schweizer Uhr eingehalten hat bzw. einhalten konnte, so ist dies nun nicht mehr oder nicht mehr so einfach möglich.
Isolation und Einsamkeit sind Themen, mit denen ein chronisch kranker Mensch konfrontiert wird bzw. zu kämpfen hat. Mit dazu kommen der ganze finanzielle Aspekt bzw. die diversen finanziellen Herausforderungen. Viele Therapien sind beispielsweise nicht von der Krankenkasse anerkannt. Eine chronische Erkrankung hat das Potenzial, den Erkrankten auch noch finanziell völlig zu ruinieren.
Die Gesellschaft und teils das Umfeld machen oft sehr Druck und haben Erwartungen, dass man möglichst schnell wieder "normal" funktioniert. Jeder meint dann noch, DIE Lösung zu wissen was für einem gut und richtig sei und man erhält oft ungefragt Tipps und Ratschläge. Grenzüberschreitungen passieren.
Zudem herrscht in gewissen Kreisen auch nicht selten eine Art Wettstreit und Härte und Druck, wieder gesund zu werden, als würde die Leistungsgesellschaft innerhalb der Arbeitswelt auf die Welt der kranken Menschen übertragen werden und als würden kranke Menschen richtig gehend im Schnellzugstempo, mit Härte und Druck in Richtung subito Gesundheit und wieder normal Funktionieren gedrängt, ja gepeitscht, oft mit einer spürbaren Aggressivität dahinter.
Das ist nicht menschlich. Und schon gar nicht liebevoll. Wo bleiben in dieser Thematik die Liebe, die Toleranz, das Mitgefühl und das Verständnis? Und die Geduld?
Die Geduld scheint mir, unter Anderem, ein ganz wichtiger Faktor zu sein. Diese passt jedoch nicht in unsere schnelllebige, materielle Leistungsgesellschaft. In unserer schnelllebigen, subito Wegwerf- und Stressgesellschaft mutiert der Begriff "Geduld" mehr und mehr ins Abseits. Das ruhige stetige Schritt- für Schrittvorgehen und Dranbleiben sind out geworden.
Auch die ganzen inneren und seelischen Prozesse, die ein chronisch kranker Mensch zwangsläufig durchmacht, in unterschiedlichen Facetten und Ausprägungen, ganz individuell, immer und immer wieder, werden überwiegend verkannt. Auch wenn es tolle Fortschritte sind. Da man sie nicht oder nicht sofort im aussen sieht, werden sie nicht anerkannt und manchmal mit einem Wisch für nichtig erklärt.
So wie oft auch die Krankheit selbst im aussen nicht sichtbar ist und weswegen chronisch kranke Menschen oft zu all dem auch noch beweisen oder sich rechtfertigen müssen, dass sie krank sind und nicht einfach nur aus Spass oder Lustlosigkeit "auf der faulen Haut herumliegen" wie es manchmal lapidar dahingesagt bzw. chronisch kranken Menschen unterstellt oder vorgeworfen wird. Dass ein chronisch kranker Mensch für Schritte oder Handlungen, die früher noch völlig selbstverständlich und locker auf dem Hocker ausgeführt werden konnten, jetzt enorm viel Anstrengung, Kraft, Planung, Organisation und Überlegen benötigt, oder schlicht teils auch einfach nicht mehr möglich sind, wird spätestens dann verkannt, wenn er an einem Termin ab und zu doch einmal nicht völlig fertig aussieht. Sieht er hingegen völlig fertig aus, ist es auch wieder nicht Recht und es heisst, man würde zu wenig oder zu falsche Dinge tun oder eine Therapie nicht richtig ausführen oder was auch immer.
Oft fehlen die Demut und die Sicht, das Wissen und die Weisheit, dass schlussendlich das Leben nicht in den eigenen Händen liegt sondern in Gottes Händen.
In Filmen lieben die meisten Menschen sogenannte Helden und Heldenreisen, sind während dem Filmeschauen voll mit dabei, fiebern mit, hoffen, bangen und wünschen das Beste usw. bis zum Schluss. Im wahren und realen Leben sieht das meist ganz anders aus. Kein Wunder, ein Film ist in ein paar Stunden vorüber oder zumindest in ziemlich kurzer Zeit. Dafür braucht es keine Geduld und keine Beständigkeit. Auch kein Gottvertrauen. Keine Hoffnung, kein Glaube und auch keinen Mut. Keine Tapferkeit und keine Hingabe.
All diese Eigenschaften entwickeln aber viele chronisch kranke Menschen oder bauen sie weiter aus. Sie gehen durch viele Prüfungen. Sie sind reich an Tugenden und leben diese im Alltag. Und leisten zudem enorm viel innere Arbeit und somit ein unendlich wichtiger Beitrag für die ganze Welt, die Erde und den gesamten Kosmos.
Die wahren Helden findet man nicht in Filmen.
Die wahren Helden sind und leben mitten unter uns.
